Szenario: Ich bin auf einer Fete von Freunden mit einigen Gästen, die ich nicht kenne. Süffle an meinem Weißbier und ein mir unbekannter Gast spricht mich an. Nach ein wenig belanglosem Hin- und Her über die Party und wie lecker das Bufett war, kommt die zu 99 % erste Kennenlernfrage:
"Was machst du denn so - beruflich?"
"Ich schreibe Romane, bin Autorin."
Gast: "Oh, ist ja interessant. Und welches Genre? Bestimmte Themen?"
Ich: "Nein. Da bin ich offen. Aber ich habe zwei rote Fäden: Frauen spielen die Hauptrolle und ich schaue hinter das sogenannte Normale. Warum wie Menschen und unsere Gesellschaft funktioniert, das will ich zeigen."
Der Gast nimmt einen großen Schluck von seinem Weißwein: Okay, Frauenliteratur schreibt sie offenbar nicht.
"Hast du schon was veröffentlicht?"
Ich: "Ja, erst vor kurzem meinen ersten Roman: Sie ist Himmelsbotin und Höllenweib".
"Gratuliere, einen Verlag zu finden, ist ja fast aussichtslos."
Ich: "Das habe ich auch feststellen müssen. Der Roman ist im Selfpublishing erschienen."
Gast winkt dezent ab: "Ach so! Ja, aber trotzdem viel Erfolg."
Als richtig echte Autorin bin ich damit schon mal abgehakt: "Nur" Selfpublishing!
So habe ich auch lange gedacht und an die 45 Literaturagenten und Verlage im deutschsprachigen Raum angeschrieben. Lauter Absagen und in 0815-Form: Man erfährt nicht, warum das Werk nicht angenommen wurde, was man also verbessern könnte. Ein wahres Survival-Training für mein Selbstbewusstsein. Andererseits bei ca. 100 Manuskriptzusendungen, die sich jede Woche bei Agenten und Verlagen stapeln - wer soll die lesen? Mein Trost war die branchenbekannte Tatsache, dass 90 % der eingesandten Manuskripte nicht gelesen werden (können). Und es gibt ja durchaus erfolgreiche Selfpublishing-Autoren, die ganz bewusst diesen Kanal beschreiten (die Marge für einen selbst ist dann auch höher).
Gut, Selfpublishing (in meinem Fall über Book on Demand) haftet mittlerweile nicht mehr der Geruch der Minderwertigkeit des literarischen Werks an. Geschätzte 75.000 Neuerscheinungen jedes Jahr stimmen allerdings auch nicht unbedingt hoffnungsvoll, mit seinem Roman Punkte zu sammeln.
Aber das ficht mich nicht mehr an.
Kommentare
gleich auf den wichtigsten Aspekt des Schreibens gestoßen, das Verlegen. Mittlerweile habe ich einige Geheimnisse oder Mechanismen des Buchmarketings gefunden. Sogar eine Veranstaltung besuchen dürfen, die eine der einflussreichen Frauen, die die Empfehlungen an große Verlage gibt. Trotzdem empfinde ich das "Machen" eines Bestsellers als eines der bestgehüteten Geheimnisse, als regelrechte Ausübung okkulter Schulterschlüsse. Letztendlich entscheidet im Wettbewerb der 75000 nicht Talent darüber, erfolgreich zu sein, sondern Geld, Beziehungen oder außergewöhnliche Beharrlichkeit. Zum Glück wirbelt das Internet samt seiner sozialen Netzwerke das alte, regelrecht korrupte Netzwerk kräftig durcheinander.